Auditarten im Vergleich: System-, Prozess-, Produkt- und „Layered Process“ Audits
Mittlerweile gibt es eine Vielfalt von Auditarten, wo oft die Frage aufkommt, was der Aufwand eigentlich soll. Wie schon zuvor in unserem Beitrag „Audit mit Mehrwert“ besprochen, haben Audits einen wesentlichen Stellenwert im Unternehmen, der nicht zu unterschätzen ist. Es ist wichtig, den Sinn und Zweck unterschiedlicher Auditarten zu verstehen, damit der Nutzen, und somit der Wert für das Unternehmen erkannt werden. Wie schon so oft erwähnt, werden Audits trotz ihrer Vorteile leider noch immer in den meisten Fällen als „notwendiges Übel“ eingestuft. In diesem Sinne werden in diesem Beitrag die wichtigsten Auditarten und deren Zweck durchleuchtet, nämlich System-, Prozess- und Produktaudits, sowie Audits, die als „Layered Process Audits“ bekannt sind. Es können noch weitere Auditarten ergänzt werden, jedoch ist die Vorgehensweise bei der Durchführung mit den genannten Auditarten vergleichbar.
Angesichts der scheinbar uferlosen Anforderungen der diversen interessierten Parteien, wachsender Konkurrenz auf den Märkten und der dadurch oft schrumpfenden Gewinnmargen, ist es einleuchtend, dass Management immer schwierigeren Entscheidungssituationen ausgesetzt ist. Eindeutig ist, dass derjenige, der wichtige Information zur Verfügung hat, bei der Entscheidungsfindung zu strategischen Zwecken im Vorteil ist, ob auf operationeller Ebene oder auf unternehmerischer Ebene. Die Welt ist heutzutage nun mal von Information getrieben.
Audits sind in der heutigen Geschäftswelt zu einem unverzichtbaren Werkzeug des strategischen Managements geworden. Sie liefern Information zu Stärken und Schwächen der aktuellen unternehmerischen Situation, wenn es nicht nur um die Erfüllung unternehmensinterner Anforderungen, sondern auch um die Erwartungen externer interessierter Parteien geht. Sie dienen daher nicht nur, die Einhaltung von Vorschriften, Anforderungen und Standards sicherzustellen, sondern auch, die Effizienz und Effektivität der unternehmerischen Leistungen zu steigern. So wird auch die langfristige Existenz des Unternehmens gesichert.
Wie schon in vorherigen Artikeln erwähnt, geht es um Information: „Wer will Was wissen?“ Verschiedene Auditarten sind entwickelt worden, um unterschiedliche Aspekte eines Unternehmens zu überprüfen. In diesem Artikel werden wir die Unterschiede zwischen vier wichtigen Auditarten durchleuchten: Systemaudits, Prozessaudits, Produktaudits und „Layered Process Audits“.
Auditart: Systemaudits – eine Unternehmensperspektive
Systemaudits sind eine umfassende Prüfung des Managementsystems, bzw. des integrierten Managementsystems eines Unternehmens. Managementsysteme stellen die systematische Vorgehensweise eines Unternehmens im Umgang mit den Erwartungen und Anforderungen der jeweiligen interessierten Parteien dar. Dazu gehören die Erwartungen und Anforderungen an die Qualität der Produkte und Dienstleistungen, die Umwelt, die Arbeitssicherheit, die Informationssicherheit und die Energienutzung, um einige zu nennen.
Die unternehmensinterne Perspektive
Auditart: Prozessaudits – eine Kundenperspektive
Da moderne Managementsysteme prozessorientiert strukturiert sind, liegt es nahe, das Auditieren einzelner Prozesse als Prozessaudits zu verstehen. Dies ist jedoch ein Irrtum. Indem einzelne Prozesse in ihrer Umsetzung auditiert werden, wird eigentlich nichts anderes als ein Systemaudit durchgeführt, dessen Umfang auf einen Prozess begrenzt ist. Es bleibt also die Frage: „Was ist ein Prozessaudit?“
Die Kundenperspektive
Kunden haben bei Auftragsvergabe die Erwartung, dass ihr Auftrag durch den Vertragspartner erfüllt wird. Es ist daher eine berechtigte Frage, ob das Produkt vom Unternehmen vertragsgerecht geliefert werden kann und ob ein Kunde bei Vertragsabschluss mit einem Vertragspartner ein Risiko eingeht. Kann das Produkt vom Unternehmen vertragsgerecht geliefert werden? Bei dieser Frage fallen strategische Ausrichtung des Unternehmens und die unterstützenden Prozesse, die das Unternehmen zum administrativen Überleben braucht, nicht ins Gewicht. Aus der Kundenperspektive geht es um ein Produkt und ob das Unternehmen in der Lage ist, das Produkt liefern zu können.
Prozessaudits zeichnen sich deshalb durch die Kundenperspektive aus, indem sie die Risiken in der Wertschöpfungskette über den Lebenszyklus eines Produkts, wozu die Konzeption eines Produkts, die Entwicklung des Produkts und der Produktionsprozesse, sowie die Serienbelieferung gehören, ermitteln. Eine ausgezeichnete Grundlage für Prozessaudits bietet der Verband der Automobilindustrie in seinem VDA Band 6 Teil 3 (VDA 6.3).
Bemerkung:
Zum Zweck dieses Artikels wird „Produkt“ als ein von einem herstellenden Unternehmen in Serie produzierten Erzeugnisses betrachtet. „Produkt“ kann jedoch durch ein beliebiges Produkt oder eine beliebige Dienstleistung ersetzt werden.
Auditart: Produktaudits – eine Verbraucher- oder Anwenderperspektive
Produkte müssen die Anforderungen der Kunden, sowie die gesetzlichen und behördlichen Anforderungen erfüllen. Das bedeutet einerseits, dass Produkte die erwünschten Funktionen erfüllen müssen, wofür die geschaffen wurden. Andererseits bedeutet es, gesetzlichen und behördlichen Anforderungen gerecht werden zu müssen, die die Eignung zur sicheren Verwendung eines Produkts sicherstellen. Dabei steht nicht nur die Frage im Raum, ob die gewünschte Funktion des Produkts erfüllt wird, sondern auch, ob die Sicherheit des Produkts unter Einsatzbedingungen gewährleistet ist und ob das Produkt für den Markt unter Berücksichtigung behördlicher Anforderungen zulassungsfähig ist. Konsequenzen bei der Nichtbeachtung wären Haftbarkeit vor dem Gesetz.
Die Verbraucher- oder Anwenderperspektive
Auditart: Layered Process Audits – eine Mitarbeiterperspektive
„Layered Process Audits“ sind ein Konzept, welches durch den Automobilverband AIAG (Automotive Industry Action Group) aus den USA entwickelt wurde (siehe AIAG CQI-8). Dabei geht es um das Audittieren von Anforderungen an die Durchführung von einzelnen Prozessen, bzw. Einhaltung von Regeln, Kriterien und Vorgaben. Ziel ist es, die Umsetzung von Prozessen zu optimieren. Die Optimierung wird aus Sicht der jeweiligen hierarchischen Ebenen der Organisationsstruktur betrachtet.
Die Mitarbeiterperspektive
Es sind die Mitarbeiter, die für die Umsetzung von Prozessen und die Einhaltung von Vorgaben zuständig sind. Deren Motivation ist von Faktoren, wie z. B. der Kommunikation, der Anerkennung und der Weiterbildungsmöglichkeiten abhängig. „Layered Process Audits“ ermöglichen durch kurze, geschlossene Fragen die mit einem „ja“ oder „nein“ beantwortet werden, ein Bild über den Prozess, den Arbeitsplatz und den Arbeitsablauf zu erstellen. Dadurch ist die Erkennung von Optimierungspotenzialen durch Trendentwicklungen, wiederholten Schwächen und vergleichen der Leistungen möglich. Bei der richtigen Durchführung von „Layered Process Audits“ werden die befragten Mitarbeiter zu einem Erfahrungsaustausch ermutigt, indem sie ihre Erfahrungen und Bedenken mit den Vorgesetzten teilen. Dies regt zum Verbesserungspotenzial an und verbessert die innerbetriebliche Kommunikation über die hierarchischen Ebenen der Organisationsstruktur. Bei richtiger Anwendung der „Layered Process Audits“ werden die motivierenden Bedürfnisse der Mitarbeiter berücksichtigt, indem sie auf ein Gehör stoßen, welches ein Gefühl der Anerkennung mit sich bringt. Dies regt nicht nur den einzelnen, befragten Mitarbeiter zur Mitarbeit in der fortlaufenden Verbesserung an, sondern stärkt das Teamverhalten bei Mitarbeitern durch die Organisation hinweg. Es ist jedoch wichtig, dass „Layered Process Audits“ als Managementwerkzeug zur Verbesserung eingesetzt wird. Sollten die Ziele der Verbesserung nicht im Fokus stehen, können „Layered Process Audits“ auch schnell als Überwachungswerkzeug zur Überwachung einzelner Mitarbeiter verstanden werden. Das heißt, es ist wichtig die Optimierungspotenziale in den Fokus zu stellen, statt Rückschlüsse auf die Leistungen einzelner Mitarbeiter zu ziehen. Das richtige Verständnis der Anwendung von „Layered Process Audits“ bei den Mitarbeitern führt zu einem verstärkten Teamverhalten und einer aktiven Mitarbeit in der fortlaufenden Verbesserung.